"Warum gibt es das Böse? Warum das Leiden? Selbst Hiob erhält keine Antwort und dürfte wohl die Quintessenz der menschheitlichen Sinnfrage nach dem Leid darstellen.
Unsere Gotteserfahrung ist nur auf dem Weg der Anteilnahme möglich. Gott weigert sich, sich intellektuell denken" zu 1assen.Er lässt sich vor allem im Leiden und im Schmerz erfahren, weil sich die Fragen dann ganz und gar persönlich und existentiell stellen. Die Mystikerin Caterina von Genua soll Jesus in einer ihrer Unterredungen die Frage gestellt haben: „Jesus, warum gib es so viel Schmerz auf Erden? Warum müssen die Menschen leiÂden?" Und Jesus soll ihr zur Antwort gegeben haben: "Caterina wenn es einen anderen Weg gäbe, hätte ich ihn schon lange geÂwählt." Es scheint, dass es keinen anderen Weg für uns gibt, um Loslassen und Mitgefühl, Hoffnung und Achtsamkeit zu lernen. Es gibt keinen anderen Weg, uns dazu zu bringen, unsere irdiÂschen Verkrampfungen zu lösen, als uns an die Grenzen unseren eigenen Vermögens zu führen und unserem himmlischen UrÂsprung zu vertrauen. Dann erst rühren wir an den Grund unseres Wesens."
Richard Rohr (Leider weiß ich nicht mehr aus welchem Buch das kommt
Die Frage nach dem Leid und warum beschäftigt uns bestimmt alle immer wieder. Im Leid selber fällt es schwer etwas Gutes daran zu sehen oder gar Gottes Willen darin zu erkennen. Auch Hiob hadert mit dem Leid und auch Jesus am Kreuz fragt sich "Warum hast Du mich verlassen". Wenn ich mir die Welt und die Menschen ansehe, dann frage ich mich auch warum es denn so viel Böses auf der Welt gibt. Und wer ich in all dem Bösen bin und wo ich stehe. Ich persönlich habe im Leid selber nur selten bis gar nicht Gott gesehen oder gespürt. Ich weiß nicht, ob Richard Rohr (bzw. die Mystikerin Caterina von Genuamit) mit der Aussage Recht hat, dass es keinen anderen Weg gibt Mitgefühl, Hoffnung und Achtsamkeit zu lernen. Aber es ist eine spannende Frage
danke für die Geschichte. An Hand der Parabel hat Tolstoi wunderbar erklärt, dass es keine allgemein gültige Definition des Bösen gibt.
Ich habe zu dem Thema noch eine wunderschöne kleine Geschichte gefunden, die ich Euch nicht vorenthalten möchte:
" WOHER KOMMT DAS BÖSE AUF DER WELT?
Ein Einsiedler lebte im Wald. Einmal versammelten sich ein Rabe, eine Taube, ein Hirsch und eine Schlange an dem Baum, wo er lebte. Sie begannen sich darüber zu unterhalten, woher das Böse auf der Welt komme.
Der Rabe sagte: »Alles Böse auf der Welt kommt vom Hunger. Wenn du satt bist, setzt du dich auf einen Ast, krächzt dir eins, alles ist lustig und schön und du freust dich über alles. Aber kaum musst du einen oder zwei Tage hungern, wird dir alles so zuwider, dass du Gottes Welt am liebsten nicht mehr sehen möchtest. du fliegst von Ort zu Ort, vergisst selbst die eigenen Kinder und erblickst du dann ein Stück Fleisch, stürzt du dich voll Begierde darauf, auch wenn es einem anderen Vogel gehört. du fängst einen heftigen Streit um das Fleisch an und dir ist ganz egal, ob dabei der andere in diesem Kampf draufgeht, wenn du nur das Fleisch als Beute bekommst. Alles Böse kommt vom Hunger.«
Die Taube sagte: "Meiner Meinung nach kommt alles Böse von der Liebe.
Könnten wir allein leben, hätten wir wenig Kummer. Aber wir müssen wohl immer pärchenweise leben. Sobald du ein Weibchen liebst, hast du keine Ruhe mehr. Erst musst du es erobern. Du musst dich aufplustern und das ganze Gefieder spreizen. Und dann gibt es böse Kämpfe. Hast du die Allerliebste gewonnen, wird sie dir von andern geneidet. Voll Eifersucht wollen sie sie dir abspenstig machen und für sich gewinnen. Also musst du gerüstet sein. Und wenn du den Kampf gewonnen hast, denkst du stets: Ist sie satt? Ist sie warm? Wohin ist sie ausgeflogen?
Und wenn dein Weibchen ums Leben kommt, dann erscheint dir die ganze Welt nicht mehr schön. Du isst nicht mehr und trinkst nicht mehr und weinst nur noch. Du meinst, alles Leid der Welt liege auf dir. Auf diese Weise kommen viele der Unsrigen um. Das Böse kommt von der Liebe.«
Die Schlange sagte: »Alles Böse kommt vom Willen. Immer willst du etwas haben. Immer willst du dich vor anderen aufspielen. Kaum dass etwas nicht nach deinem Willen geschieht, gerätst du in Wut. Man weiß kaum, was mit einem selber geschieht. Du kennst dich selbst nicht mehr. Du zischst nur, kriechst umher und suchst jemanden, den du beißen kannst. Mit keinem hast du mehr Mitleid und du wirst so böse, dass du dich am Ende selber nicht mehr willst und dich zu Grunde richtest. Alles Böse kommt aus dem bösen Willen.«
Der Hirsch sagte: »Alles Böse kommt von der Angst. Die Angst nimmt dir den Schlaf Die Angst lässt dir keine Rast und keine Ruhe. Die Angst ist gefährlich, weil sie dich misstrauisch macht. Im Wald braucht nur ein Zweig zu knacken, ein Blatt zu rascheln, schon zitterst du am ganzen Leib, das Herz beginnt zu klopfen, du saust davon, was die Beine hergeben und vergisst alles, was du tun musst. Schlägt ein Vogel mit den Flügeln, glaubst du, er sei ein wildes Tier und du rennst so lange, bis du wirklich auf ein wildes Tier stößt. Selbst ein kleines Mäuslein jagt uns so große Angst ein, dass wir auf das arme Geschöpf einschlagen, das selber Angst vor uns hat. Siehst du einen Hund, machst du ihn erst dadurch auf dich aufmerksam, dass du ängstlich vor ihm wegrennst. Jetzt beginnt für dich eine böse Jagd, die damit endet, dass du vor lauter Aufregung nicht merkst, wie du an einen Abhang gerätst, wo du nur noch die Wahl zwischen Hundebiss und Absturz hast. Alles Böse kommt aus der Angst.«
Als sich die Tiere nicht einigen konnten, fragten sie den Einsiedler um seine Meinung. Er sagte: »Ihr habt alle ein bisschen Recht. Hunger und Liebe und der böse Wille und die Angst bringen viel Böses hervor. Aber Hunger und Liebe und der Wille und die Angst sind nur ein Teil von uns. Wir selbst sind es, die mit unseren Kräften so viel Böses in der Welt verursachen.«"
Tolstoi
Die Frage ist ohne Angabe ihres Gültigkeitsbereiches kaum zu beantworten. Wenn mit eingeschlossen ist, nach einem "höheren Sinn" zu fragen, gibt es den ganz einfach nicht - würde ich sagen.
Das Böse ist nur deshalb böse, weil es ein Bewertungssystem gibt, in dem es "böse" genannt wird. Üblicherweise sagen wir, dass es böse ist, einen anderen Menschen tot zu schlagen. Wenn es ein Soldat im Krieg tut, ist es aber nicht böse, sondern heldenhaft.
Wenn ein Mensch durch eine Infektion stirbt, erscheint es für den als böse. Aber wenn alle Menschen, die durch den einen Erreger sterben ausgestorben sind, bleiben die übrig, die dagegen resistent sind.
Mit anderen Worten: Es gibt nicht etwas, was aus sich heraus böse "ist". Es kann nur etwas in einem bestimmten Zusammenhang böse wirken.
Mit dem Bösen ist das so eine Sache. Einige Christen behaupten, dass Gott sowohl das Gute, wie das Böse geschaffen hat ebenso auch das Leid. Der Mensch ist aufgerufen, sich zu entscheiden. So glaube ich das nicht. Es gibt so viele Zwischentöne. Meiner Meinung nach, kommt es ganz auf den Menschen an, welchen Weg er geht. Und hier spielen sehr viele Faktoren eine Rolle. Wie waren Kindheit und Jugend. Welche Erlebnisse hatte er, Gute, schlechte oder traumatische. Wie ist er sozial eingebunden, oder ist er ein Außenseiter. Welche Stellung hat er in der Gesellschaft. Wie ist sein Verhältnis zur Macht.
Ich muss Freud widersprechen, das Böse ist nicht gleich Angst. Angst ist zum einen ein Schutzmechanismus aber auch eine Antwort auf das Böse.
Ich glaube nicht, dass ich alles immer nur auf Gott beziehen kann. Damit begebe ich mich gefährlich nah an Fatalismus heißt, ich habe mich meinem Schicksal zu ergeben, da es von Gott kommt, und er es schon richten wird
Ich halte die Gedanken von Richard Rohr für sehr bedenkenswert. Aber hier argumentiert er eher hilflos. Ich denke, dass aber schon die Frage selbst, warum es das Böse gibt, falsch gestellt ist. Diese Formulierung suggeriert, dass es von irgendwo her eine Art handelnden Willens gibt, der uns das Böse beschert hat. Oder anderes gesagt, dass das Böse irgendein Ziel hat. Beides glaube ich nicht.
Udo Jürgens sang 1984 mit seiner Tochter Jenny das Lied: „Ich wünsch Dir Liebe ohne Leiden,“ ein Ohrwurm der damaligen Zeit. Liebe ohne Leiden, ich glaube nicht daran, dass Gott uns Leiden schickt. Ich glaube fest daran, dass Gott uns den Mut und die Kraft schenkt, unserer Leben zu gestalten, mit allem Guten aber auch mit dem Leiden.
Das kann man aber meistens erst sehr viel später erkennen. In der Situation sehe und spüre ich nur das Leid. Wenn dann jemand kommt und mich trösten will mit den Worten: "Gott wird es bestimmt zum Guten wenden" oder noch viel schlimmer wie auch persönlich erlebt: "Gott will Dir etwas beibringen." dann kann ich nur mit großer Wut und Unverständnis reagieren. Wieso kann Gott mir nicht auch ohne Leid etwas beibringen? Warum geht es manchen Menschen immer nur gut. Sie sind gesund, haben Geld, tolle Kinder usw. Und andere müssen ihr Leben lang nur kämpfen. Das ist so ungerecht und ganz ehrlich wenn dahinter ein Grund liegen soll und Gott das so gewollt hat, dann zweifel ich doch sehr an diesem Gott. Ich glaube eben das die Dinge so geschehen weil sie nun mal so geschehen und gerade das Leid nicht von Gott gewollt ist. Das haben wir Menschen uns alle selber zuzuschreiben und manches ist auch "einfach" "nur" Natur
Die Geschichte des Hiob ist für mich kaum fassbar. Hier wird ein Mensch durch die Verstärkung von unendlichem Leid zum besonderen Wohlwollen mit Gott geführt. Angeblich soll es kein Leid gegeben haben vor dem Sündenfall von Adam und Eva.
Leid, besonders wenn sich mein ganzes Leben dadurch plötzlich ändert, lässt mich an der Existenz Gottes zweifeln, da ich nicht glauben kann, dass er zulässt, dass mir etwas geschieht. Aber da gibt es auch die andere Seite des Leidens, sie gibt mir die Chance, das Leben so zu verändern, dass ich Leid annehmen kann und den Sinn versuche zu verstehen.