Ich weiß, eigentlich ist dies eine ziemlich dumme Frage, aber ich stelle sie dennoch mal. Im Moment hört man ja unglaublich viel über die Schuldfrage. Gott ist schuld. Die Chinesen sind schuld. Nein die Amerikaner sind schuld, wir alle sind schuld. Je nachdem welcher Gesinnung man gerade ist beantwortet man dann auch diese Frage. Eigentlich finde ich es ziemlich erschreckend, wie schnell man mit dem finger auf die anderen zeigt. Aber ich möchte da mal anders dran gehen. Gibt es überhaupt eine Schuld? Ist das Virus eine "normale" Entwicklung so wie es ja immer schon Krankheiten und auch Pandemien gab? Oder haben wir Menschen alles überreizt?
Ich habe auf diese Fragen keine Antwort. Ich kann nur versuchen für mich zu verstehen was es mit mir macht, was ich eventuell überdenken sollte, wo ich dazu lernen kann ohne eine Antwort auf die "Schuld"-Frage zu haben. Oder?
Die Zoonosen (also Erkrankungen des Menschen, die bei Tieren ihren Ursprung haben), sind schon seit langem bekannt. Das HIV-Virus, welches AIDS verursacht, war tierischen Ursprungs, ebenso das Ebola Virus. Aus der Medizingeschichte gibt es sogar sehr positive und hilfreiche Infekte, durch die tödliche Krankheiten besiegt werden konnten. Bereits im 18. Jahrhundert entdeckte Edward Jenner, dass Melkerinnen, die einen Infekt mit Kuhpocken durchgemacht hatten, gegen die gefährlichen Pockeninfektionen immun waren. Auf dieser Grundlage wurde dann der Pockenimpfstoff entwickelt und die gefährliche Seuche konnte ausgerottet werden. Die pandemische Verbreitung von Grippeviren und dem heutigen COVID-19 haben in der Tat sehr viel mit globalem Reiseverkehr zu tun. Der erschwert es, Infektionsbereiche einzugrenzen. Ich denke auch, dass wir gar nicht wissen, welche Gefahren durch Viren es noch auf dem Planeten gibt. Die Weltgemeinschaft muss auf jeden Fall Strategien gegen Pandemien finden. Der nächste Virus könnte noch viel gefährlicher sein. Man kann nur hoffen, dass es nicht zu viele populistische Politiker gibt, denen es am Einsichtsvermögen fehlt. Na ja, vielleicht hilft an Pfingsten ja der Heilige Geist weiter ;-).
Zur Schuldfrage habe ich heute noch einen interessanten Hinweis gefunden:
"Viele Experten sind sich einig: Die neuartigen Viren der vergangenen Jahre, das Corona-Virus eingeschlossen, hängen eng mit der Globalisierung der Wirtschaft, vor allem der Ernährungswirtschaft, zusammen.... Die Entwicklung der Monokulturen treibt die Entwaldung voran und setzt Krankheitserreger auf Tieren frei, die dann auf die lokale Viehzucht und auf Menschen überspringen." (Publik-Forum, letzte Ausgabe, S. 23)
Für mich heißt das, das also auch hier der Mensch durchaus Verantwortung trägt und die Globalisierung, die zum Wohlstand der Menschen beiträgt, eben auch ihre Nachteile hat und nicht unbedingt klimaverträglich ist .
Ich bin auch immer wieder entsetzt was Menschen so alles machen. Aber ich weigere mich immer nur das Schlechte anzusehen. Es gibt zur Zeit viele Hilfsangebote und das finde ich echt klasse. Wenn es allerdings zu lange dauert kann sich das auch wieder ändern. Ich frage mich aber auch wie das alles weiter gehen soll. Wenn es nach Ostern keine Lockerung gibt, dann wird es sehr schwer werden. Aber wird dann die Kurve wieder nach oben gehen? Was wird aus der Wirtschaft, der Schule, dem Gesundheitssystem. Wie lange werden die Grenzen zu bleiben und was wird aus den vielen Flüchtlingen usw. SO viele Fragen, so viele Sorgen, aber wir dürfen uns nicht davon unter kriegen lassen. Ganz ehrlich, so wie es vorher gelaufen ist war es auch nicht wirklich richtig gut. Da gab es auch viele Probleme. Vielleicht ist das alles eine Chance aus dem alten Trott auszubrechen und neue Wege zu gehen. Und auch die Generation zu verbinden und nicht zu trennen. Von Ausnahmen abgesehen gibt es doch wirklich viel Junge, die gerade den Alten helfen und das finde ich wirklich klasse
Du sprichst eigentlich ein großes Problem an. Wir steuern auf einen Generationenkonflikt zu. Jetzt auch noch geschürt durch z.B. den Oberbürgermeister von Düsseldorf, d.h. die Alten sollen in Quarantäne bleiben, und für die Jungen sollen den Maßnahmen langsam gelockert werden. Dabei wird übersehen, dass inzwischen auch junge Leute einen schweren Verlauf der Krankheit haben. Ja, die Wirtschaft geht in die Knie je länger die Maßnahmen sein müssen. Aber vielleicht ist es auch ein Weckruf, dass es nicht nur um Wachstum und Geld geht, sondern zuvörderst um das Wohlergehen der Bevölkerung. Mir ist es wichtig dass an alle Menschen gedacht wird. Ganz besonders betroffen sind Alleinerziehende, Familien in prekären Verhältnisse, Obdachlose u.s.w. Die Hilfsaktion an der Bahnhofstr. dort Beutel mit Lebensmittel aufzuhängen für z.B. Obdachlose, ist leider heute zu einem Müllberg geworden. Da scheinen Menschen ihre Schränke aufgeräumt zu haben und die wirklich ollen Klamotten einfach dahingestellt zu haben. Es sieht eher aus wie eine Müllkippe. Hier zeigt sich mal wieder, was von den Obdachlosen gedacht wird.
Was da in Amerika passiert ist echt übel. Da hab ich heute erst den Aufruf gehört, man dürfe die Wirtschaft nicht für das Leben von den Alten opfern. Wie kann denn die Wirtschaft wichtiger sein als das Leben? All die Menschen, die jetzt Existenzängste haben sehen das bestimmt anders als ich. Mir ist schon klar welche riesigen Probleme auf uns zu kommen weil die Wirtschaft abbaut. Aber wie konnte es nur so weit kommen? Wir können wir uns so unglaublich abhängig von der Wirtschaft, von anderen Ländern machen???? Ich für mich weiß nur 2 Dinge ganz genau
1. mir ist jedes Leben wichtig ganz egal wie alt oder wie krank der Mensch ist
2. Ich kann nur durch meinen eigenen Beitrag versuchen der Wirtschaft zu helfen. Z.B. das wir uns 1 mal in der Woche bei den Bürgerstuben etwas bestellen und ich das Geld, was ich vielleicht durch einen abgesagten Urlaub spare in unsere heimische Wirtschaft pumpe.
Mehr kann ich nicht, aber wenn das jeder machen würde,.....
Es ist eine menschlich normale Reaktion in Krisen, die Schuldfrage zu stellen, aber sie wird uns nicht weiterbringen, weil es darauf keine Antwort gibt. Klar, wenn man einen "Sündenbock" hätte, könnte man sich selbst die Hände reinwaschen, aber so sind wir eben alle in der Verantwortung. Alle sind von der Corona-Krise betroffen und deshalb ist auch jeder mit seinem Verhalten gefragt. Und das ist vielleicht auch ein positiver Nebeneffekt der Coronakrise, dass wir merken: wir sind eine Weltgemeinschaft! Das Virus kennt keine Grenzen und deshalb sollte unser Handeln und Denken sozusagen auch "grenzenlos" sein. (Ein schönes Wortspiel :-)
Aus meiner Sicht ist es schwierig, von Schuld zu sprechen. Ich glaube, es geht mehr um die Frage von Fehlern. Fehler sind dazu da, dass wir aus ihnen lernen. Die globale Verbreitung von gesundheitlichen Bedrohungen ist für mich eine Folge der grenzenlosen Gier nach Geld. Helmut Schmidt sagte einmal, in der Krise zeige sich der Charakter- wie wahr und gültig das doch heute ist. Die Prioritätensetzung, die Personen wie Herr Trump an den Tag legen: "Die Wirtschaft ist wichtiger als die Menschenleben" treibt die Gesellschaft auseinander. Es ist ihm offensichtlich egal, was mit Alten und Kranken passiert. Er und andere sollten wissen, dass es auch einmal Viren geben wird, die vorrangig die Jungen töten oder solche, die keinen Unterschied zwischen alt und jung machen. Personen, die das soziale Miteinander in dieser Art und Weise zerstören, zerstören das Gemeinwesen insgesamt. Zu dem Thema habe ich heute in der SZ einen guten Beitrag der Soziologin Eva Illouz gelesen.
https://www.sueddeutsche.de/kultur/corona-eva-illouz-gesellschaftsvertrag-wirtschaft-kapitalismus-1.4854397
Die Grenzen der globalen Wirtschaft zeigen sich nicht nur beim Klimathema. Sie können die Menschheit auch kurzfristig und unmittelbar durch unkontrollierte Virenverbreitung bedrohen. Darin liegt zugleich eine Chance zum Umdenken und zum Umgang mit den begrenzten Resourcen. Noch nie haben sich so viele Menschen unmittelbar bedroht gefühlt. Die Politik ist jetzt gefragt wie nie. Ebenso sind wir als Kirchengemeinden gefragt. Jetzt zählt, wer sinnvolle Antworten hat und nicht, wer den grenzenlosen Egoismus hochhält.
Na, am Virus selbst kann ja niemand sein. Und an der Tatsache, dass er sich ausbreitet, auch nicht. Aber Schuld kann natürlich da entstehen, wo man sich nicht dem Sachverhalt entsprechend verhält, oder - wie man jetzt auch völlig unbegreiflich hören muss - jemand, der infiziert ist, gezielt und willentlich einen anderen anhustet.
Ich glaube nicht, dass man von Schuld sprechen kann. Es ist menschlich, danach zu suchen, wem kann man die Verantwortung zuschieben. Im Augenblick versuche ich eine Erklärung über wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu finden. Es drängen sich mir aber auch alttestamentliche Bilder auf, über Heuschreckenplage, denken wir an Kenia, Pakistan Sambia. Oder auch Pestepedemien,die viele Menschenleben forderte. Verunsichern tut mich im Augenblick die Unsicherheit. Ich fürchte allerdings, dass von den Kirchen aber auch von den Populisten "Schuld" missbraucht wird.