Eine Beobachtung, die mir schon oft aufgefallen ist:
Menschen, die sich selbst als ausdrücklich christlich gläubig präsentieren, scheinen reflexartig bei jeder Konfrontation mit einer Frage oder einem Problem die Dinge sozusagen mit einem Blick von Himmel aus zu betrachten. Eine Reflexion darüber, was das Problem oder die Frage im Leben des betreffenden Menschen eigentlich ist, scheint überhaupt nicht stattzufinden.
“Beliebt“ ist z.B. die - mutmaßliche - himmlische Perspektiven, wenn es um Ehebruch und andere Verfehlungen geht. Es scheinen da die - irdischen - Bedingungen, unter denen etwas geschieht, völlig gleichgültig zu sein. Es ist klar, was sein darf und was nicht, also gibt es da auch nichts zu diskutieren. Ein Ringen um Verstehen wäre ja auch überflüssig, weil es am Ergebnis eh nichts ändern würde. In der Bibel stehen in den Geboten und Verboten die Dinge. die erlaubt sind oder nicht, und mehr braucht man nicht zu wissen.
Eine der Gründe, warum mir Eugen Drewermann so nahe liegt, ist, dass er genau umgekehrt, zuallererst versucht die menschliche Situation zu begreifen und dann darauf reagiert, indem er fragt, wie der Himmel da helfen kann.
In den allermeisten Problemfällen, die in meinem Leben vorkommen, hat es mit dem Himmel gar nichts zu tun. Da funktionieren pragmatische Lösungsansätze am besten.
Wenn meine Waschmaschine streikt, rufe ich einen Elektriker an, wenn ich krank bin, gehe ich zum Arzt und wenn ich Probleme mit dem Chef habe, gibts den Betriebsrat.
Genau das empfehle ich dann auch, wenn mich jemand um Rat fragt - nachdem ich mir angehört habe, was das Problem ist.
Ich habe das auch immer höchst irritierend gefunden, wenn - noch bevor ich überhaupt zu Ende gesprochen hatte - eine Salve von Bibelstellen auf mich abgefeuert wurde.
Scheint in evangelikalen und charismatischen Kreisen so eine Art Reflexhandlung zu sein.
Daran habe ich mich nie gewöhnen können.enken
Ich war - vor einer gefühlten Ewigkeit - in einer Freikirche, da bin ich mit meinem "fleischlichen" Denken ständig angeeckt. Im Gegenzug ist es mir unsäglich auf die Nerven gegangen, alles "geistlich" sehen und beurteilen zu müssen.
Ist aber alles lange her und nicht mehr wichtig.
Heute nehme ich diesen Leuten das nicht mehr übel. Sie meinen es ja nicht böse.