Gestorben für unsere Sünden?
Dass Jesus am Kreuz starb, ist unter Theologen unumstritten. Das Kreuz ist das stärkste Symbol des christlichen Glaubens. Doch immer wieder haben sich die Menschen mit diesem Symbol schwergetan: Hat ein zorniger Gott seinen Sohn am Kreuz geopfert, um sich mit den Menschen zu versöhnen?
Musste Jesus für unsere Sünden am Kreuz sterben? Konnte Gott sich nur durch dieses schreckliche Opfer wieder mit den Menschen versöhnen?
Ich stehe mit der Überzeugung, dass Jesus nicht für unsere Sünden gestorben ist, nicht allein.
Aber hat Jesus nicht beim Abendmahl selbst davon gesprochen, dass sein Fleisch für uns hingegeben, sein Blut vergossen wird zur Vergebung der Sünden? Nennt der Evangelist Johannes Jesus nicht das „Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinweg nimmt“? Und erklärt Paulus nicht: „dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift“? Oder sind diese Vorstellungen und Ideen erst nach dem Tod Jesu hinzugefügt worden, um den Tod Jesu zu erklären und zu verstehen?
Zu diesem Thema ließe sich noch so vieles sagen und denken, daher frage ich Euch alle, die Ihr das hier lest:
„Was sind Eure Gedanken. Was ist Euer Glaube? Wie versteht Ihr die Kreuzigung?“
Ich habe auch sehr lange unter der Vorstellung des Sühneopfers gelitten. Ich denke an eine Situation da lag ich im Krankenhaus auf der Intensivstation, hatte schreckliche Schmerzen war angeschlossen an Schläuche und Kabel. Da kam eine Schwester zu mir und meinte ich solle daran denken das Jesus noch viel mehr gelitten hat und das nur weil er für meine Schuld sich hat kreuzigen lassen. Wenn ich gekonnte hätte wäre ich ihr entgegen gesprungen. Damals war mir klar, dass das doch alles echt falsch ist. Jesus guckt mich nicht strafend an weil ich ein so sündiger Mensch bin und er hat auch nicht gelitten weil ich so schlecht bin. Nein die damalige Zeit war eben so. Ich glaube eher das selbst die Kreuzigung nicht dafür gesorgt hat, dass seine Botschaft von Liebe und Vergebung verschwunden ist so wie es die Machthaber damals wollten. Sie wollten nicht den Menschen Jesus sondern seine Botschaft vernichten und das ist ihnen nicht gelungen.
Maret, ich glaube Du sagst das ganz richtig damals wie heute suchen die Menschen bei allem nach einem Grund und nach einem Sündenbock. So wie jetzt auch ganz aktuell einige Machthaber nach dem Schuldigen für die Ausbreitung des Virus suchen. Und es ist einfacher einem anderen Menschen die Schuld in die Schuhe zu schieben als selber dazu zu stehen.
Vielleicht kann ich euch in der Diskussion mit einem Hinweis helfen, wie die Vorstellung vom Sühnopfer oder dem sogenannten Sündenbock entstanden ist.
Nach dem Tod Jesu haben Freunde und Freundinnen Jesu versucht Jesu Tod und Leben neu zu verstehen. Dabei half ihnen ihre Bibel - das war damals das Alte Testament. Sie lesen es mit der Bitte: „Zeig uns, Gott, wie wir Jesu Tod verstehen können.“ Und dabei stoßen sie unter anderem auf eine Deutungshilfe: Das Alte Testament erzählt vom großen Versöhnungstag, einem Ritual, das regelmäßig in Israel gefeiert wurde (vgl. 3.Mose 16, 21). Einem jungen Bock wird symbolisch die Schuld Israels aufgeladen. Dann jagt man den „Sündenbock“ in die Wüste. Nun ist neue Gemeinschaft mit Gott möglich, weil die trennende Sünde ausgegrenzt und weggetragen wurde.
Und plötzlich ahnen die ersten Christen beim Lesen der Geschichte vom „großen Versöhnungstag“: Vielleicht dürfen wir von Ostern her auch Jesu Sterben als Gottes großen Versöhnungstag mit seiner Welt verstehen. Jesus beendet das grausame Spiel der Gewalt, indem er sich selbst zum Sündenbock machen lässt, den Menschen mit ihrer destruktiven Energie, ihrer Schuld beladen. So durchbricht er die Opferlogik von innen her. Der Kreislauf von Täter und Opfer wird durchbrochen. Statt Gewalt und Tod ist Versöhnung angesagt.
Diese Vorstellung ist für uns heute sicher etwas befremdlich, aber es entsteht eben aus dem menschlich Bedürfnis, dass die Schuld irgendwo hin muss, damit wir Frieden finden. Auch heute wird ja sofort nach einem "Sündenbock" gesucht, wenn irgendetwas passiert ist. Also: nicht Gott braucht das, sondern wir!
DvdL Der Text von Härle ist ja nicht schlecht aber eben auch schwer zu verstehen. Du hast in gepostet weil Du uns damit etwas sagen wolltest, aber was denn? Jeder versteht einen Text eben auch anders und ich fände es wirklich sehr interessant was Deine Gedanken sind. Zudem schreckt es vielleicht auch einige ab, wenn sie so hoch theoretische Texte lesen. Ich würde mich freuen, wenn ich mehr von Dir lese, von Deinen Gedanken
DvdL es wäre für mich wesentlich einfach zu verstehen was Du sagen willst, wenn Du weniger zitierst und mehr in eigenen verständlichen Worten sagst was Du meinst. Ich war nie auf einer Uni und daher kann ich mit der Art von wissenschaftlichen Arbeiten nur schwer mitkommen.
Ich dachte Jesus wurde gekreuzigt, weil die Machthaber sich von ihm bedroht fühlten. Weil er sagte, dass Gott größer ist als jede König, Kaiser oder sonst wer. Das kann und darf natürlich nicht sein.
Ich halte einen "Sühnetod" Jesu für unsere "Sünden" nicht für wirklich. Es würde ja voraussetzen, dass es tatsächlich so etwas wie eine sündhafte Verfehlung des Menschen gibt - verstanden als quasi sozial-religiöses Verbrechen gegen Gott selbst. So jedenfalls scheint es ja auch die Schöpfungsgeschichte darzustellen. Aber die Genesis ist ein Mythos und keine Dokumentation göttlichen Handelns. Sie versucht wie jeder Mythos etwas zu beschreiben, was völlig unverständlich ist und nur in der dichterisch poetischen Sprache überhaupt ausgedrückt werden kann. Die eigentliche Thematik scheint mir hier die Sinngebung der Existenz angesichts von Not und Tod des menschlichen Lebens zu sein.
Dafür hätte Jesus nicht sterben müssen. Er musste sterben, weil er den Leuten gesagt hatte, dass sie zwar durchaus keine Leitung erbringen müssen, um von Gott angenommen zu sein, aber eben auch gar nichts leisten könnten. Und das war dann doch zuviel, weil es den Menschen ihre vermeintliche Autonomie genommen hatte. Nach seinem "Modell" wären die Menschen Abhängige, Bittsteller gewesen. Und das war eine bittere Kränkung.
Schade Magret, ich weiß nur gar nicht so recht was Dich an meiner Antwort jetzt so ..... hat, dass Du Dich da ausklingst. Wir können doch durchaus auch unterschiedlicher Meinung sein. Das Gespräch darüber ist doch genau das, was uns dabei hilft besser zu verstehen und seinen eigenen Glauben zu finden
nachdem ich die Kommentare gelesen habe, und auch ziemlich ins Denken komme, bin ich gespannt auf die Diskussion am Freitag, und hoffe, dass viele von uns dabei sein werden. Ich habe mir vorgenommen, auch noch einschlägige Literatur zu Rate zu ziehen, da ich selbst verunsichert bin.
Magret aber Du hast doch geschrieben: "Die Kreuzigung, mit der Jesus die Sünden der Welt auf sich nahm, ist gewissermaßen der Kern, die Urzelle unseres christlichen Glaubens." Wenn das also der Kern des christlichen Glaubens ist, dann gehöre ich also nicht dazu? Und wieso soll Jesu mit der Kreuzigung die Sünden der Welt auf sich genommen haben? Jesus hat doch eher trotz der Kreuzigung, also dem versuch der Vernichtung seiner Person und seiner Botschaft, die Vergebung für uns Menschen. Das ist doch etwas ganz anderes. Nicht wegen der Kreuzigung sondern trotz der Kreuzigung.
Hallo Magret. Ich komme aus einem extrem pietistischen Hintergrund. Dort musste man immer alles so Wort für Wort glauben wie es in der Bibel steht. Heute weigere ich mich einfach alles zu glauben nur weil es irgendwelche Menschen irgendwann einmal aufgeschrieben haben um eine Botschaft zu übermitteln. Da wurde abgeschrieben, umgeschrieben oder aufgeschrieben um Dinge aus dem alten Testament als erfüllt zu beweisen. Warum ist es so wichtig, dass Jesus FÜR unsere Sünden gestorben ist?? Was ändert es denn? Jesus hat schon von Vergebung gesprochen bevor er gestorben ist. Also kann es ja nicht erst durch die Kreuzigung gekommen sein. Ist es denn nicht ein unglaublicher Liebesbeweis Gottes, dass er seinen Sohn hat sterben lassen wegen unserer Sünden obwohl er hätte es auch verhindern können? Ist es denn nicht schon ein wahnsinniges Geschenk, dass Gott uns liebt und vergibt obwohl wir Menschen seinen Sohn hingerichtet haben? Ich kann nicht glauben, dass uns nur vergeben wird, weil Jesus gekreuzigt wurde. Das ist meiner Meinung nach eine von Menschen gemachte Botschaft
Liebe Bea, vielleicht darf ich Dir mit dem Begriff des Axioms antworten. Ein Axiom ist ein Begriff aus der Mathematik und bezeichnet einen als wahr angenommenen Grundsatz. Ich hatte an der Uni das Vergnügen, befreundeten Mathematikern beim Kampf um ihre Beweise zuzuhören. In der Mathematik ist es so, dass man irgendwann auf den Grund des Brunnens stößt, ab dem man keinen Beweis mehr führen kann, sondern das voraussetzen und akzeptieren muss, von dem alles ausgeht. Genauso geht es mir mit der Kreuzigung und ihrem theologischen Sinn. Die Kreuzigung, mit der Jesus die Sünden der Welt auf sich nahm, ist gewissermaßen der Kern, die Urzelle unseres christlichen Glaubens. Ich brauche dafür keinen naturwissenschaftlichen Beweis, sondern setze voraus, das es so ist.
Lieben Gruß, Margret