Im Gottesdienst zum Reformationstag lasen Martin und Maret aus Dietrich Bonhoeffers "Widerstand und Ergebung", unter anderem Vers 3 des Gedichts, das in Bonhoeffers Brief vom 19. Dezember 1944 an seine Verlobte steht (drei Monate vor seiner Ermordung):
Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids gefüllt bis an den Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.
Was Bonhoeffer da schreibt, ist mir völlig unbegreiflich. Den "Kelch" annehmen ist wohl unvermeidlich, aber "dankbar"? Das Gedicht steht jetzt in evangelischen Gesangbuch. Aber wer kann das ehrlich mitsingen, "...so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern..."? Wer versteht das?
Ich kann jetzt nur sagen, dass mir dazu die Gedanken von Dag Hammarskjöld einfallen, der sehr ähnlich in seinem Büchlein "Zeichen am Weg" geschrieben hat. Es scheint bei beiden einen Raum des Erlebens?, Empfindens?, Denkens? zu geben, der sozusagen die gegebene Realität durchstößt und sich einen ganz anderen Raum eröffnet.